David Baddiel: Halb so wild

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Wer sich von der Menge an Protagonist_innen zu David Baddiels viertem Roman nicht abschrecken lässt, wird merken, dass alles halb so wild ist. Denn nur halb so viele spielen wirklich eine Rolle im Leben von Protagonist Eli Gold, dem im Sterben liegenden 87-jährigen Autor von Weltrang. Da ist Colette, 8-jährige Tochter aus fünfter und jüngster Ehe, die den Zirkus um ihren Vater beobachtet, den sowohl Medien als teilweise auch Mutter Freda veranstalten. Und da ist Harvey, therapieerfahrener Sohn aus dritter Ehe, der anreist, um sich von dem Mann zu verabschieden, mit dem ihn außer dem berühmten Namen so gut wie nichts verbindet. Eine andere Rolle spielt Elis erste Frau Violet, die ihn über 50 Jahre nicht gesehen hat und sein Sterben vom Fernseher eines Londoner Altenheimes aus verfolgt. Und dann ist da noch Elis Exschwager, der mit dem ohnehin Todgeweihten noch eine Rechnung zu begleichen hat.

Vier Handlungsstränge und 542 Seiten später lässt sich sagen, dass Baddiel zu viele Protagonisten und Ereignisse ankündigt, die im Kopf der Leserschaft etliche Fragezeichen aufploppen lassen – wovon einige leider nicht mehr wegploppen. Manch Ereignis bleibt einfach ungeklärt, manch Charakter oberflächlich und manch Handlungsstrang dadurch irgendwie egal. Was aber nicht so schlimm ist, da Baddiel stets einen den Figuren entsprechenden Ton und dabei zudem großartige Vergleiche findet sowie sprachliche Bilder, die eingerahmt gehören. Ob Facebooknachricht, Protokoll oder iPhone-Trackliste – verschiedene Textformen vermitteln gelungen einen 2.0-Charakter. Gelungen auch der Schluss, der so wenig spektakulär ist und gerade damit so sehr zum Titel passend.